Worauf es bei ethisch orientierte Geldanlage tatsächlich ankommt

Worauf es bei ethisch orientierte Geldanlage tatsächlich ankommt

Titelbild Themenabend 18.10. 1080x1080.png30. Oktober 2023

Wie stellt man es an, dass die eigene Geldanlage sozialen Nutzen bringt und die Welt - auch fernab von uns in Mitteleuropa - ein Stück weit zu einer besseren machen kann?

Ethische und nachhaltige Geldanlagen haben in den letzten 20 Jahren den Mainstream der Werbung erreicht. Es hat sich herausgestellt, dass man mit ethisch orientiertem Investment auch ganz gut Geld verdienen kann. Ethikfonds sind kein Nischenprodukt mehr. Wie bei allen Erfolgsmodellen gibt es aber auch Schönfärberei - vor allem in der Werbung bis hin zur Täuschung. Worauf ist dabei zu achten? Wie weit kann der*die Anleger*in kontrollieren, was mit dem Geld wirklich gemacht wird? Können Anleger*innen auf Unternehmen Einfluss nehmen? Kann man überhaupt „saubere“ und „schmutzige“ Gewinne scharf auseinanderhalten?

Fragen, mit denen die beiden Experten Dr. Markus Schlagnitweit (Schwerpunkt Sozialethik) und Dr. Klaus Gabriel (Schwerpunkt Finanzethik) beim Themenabend „Ethisch orientierte Geldanlage: Worauf es wirklich ankommt“ im Otto-Mauer-Zentrum in Wien am 18. Oktober 2023 konfrontiert waren.

Sind alle Mikrokredite „gut“?

Immerhin ist die Zusammenarbeit und Finanzierung mit Mikrofinanzinstituten einer der Schwerpunkte von Oikocredit. Muhammad Yunus hat mit seiner Grameen Bank und der Idee der Mikrokredite 2006 den Friedensnobelpreis bekommen. Auf den Erfolgszug sind aber auch profitorientierte Banken und Investoren aufgesprungen, die das Interesse einer hohen Rendite der sozialen und gesellschaftlichen Entwicklung überordnen. Dadurch kann es auch zu Überschuldung und  Land Grabbing kommen. Markus Schlagnitweit betonte: „Oikocredit schaut ganz genau hin, damit die Vergabe von Mikrokrediten zu einem Geschäftsmodell mit Erfolgsaussichten wird.“ Da gehört auch Schulung und Beratung dazu, das kostet Geld und schmälert letzten Endes die Rendite. Dafür werden Kreditausfälle vermieden, und das wiederum reduziert das Risiko des Investments und erhöht die soziale Wirkung.

Die Teilnehmer*innen diskutieren gemeinsam beim Themenabend.

Nachhaltigkeits- und Ethikfonds sind aus dem Angebot der Banken nicht mehr wegzudenken. Die EU-Direktive MiFID II verpflichtet Anbieter von Geldanlagen und Finanzprodukten, bereits in Beratungsgesprächen nachzufragen, ob und wie viel Wert auf Nachhaltigkeit gelegt wird.

Das Verhalten von Unternehmen, Ämtern und Regierungen wird nach den Grundsätzen von Environmental, Social and Corporate Governance (ESG) in eigenen Ratings beurteilt, also: Umwelt (z.B. Energieeffizienz, Abfallmanagement), Soziales (z.B. Verhalten gegenüber Mitarbeiter*innen, Kund*innen, Einhaltung von Menschenrechten) und Unternehmensführung (z.B. ethische Grundsätze, Transparenz, Integrität, Einhaltung von Vorschriften, Kontrolle). ESG-Grundsätze werden oft unterlaufen, Stichworte: „Greenwashing“, Dieselskandal.

Wie Anleger*innen reagieren können, skizzierte Klaus Gabriel: Einfach durch Auswahl. Das hebt oder senkt den Unternehmenswert, etwa den Aktienkurs. „Unternehmen reagieren darauf, bessern sich auch“, betont Gabriel, „wenn ein finanzielles Risiko auftaucht, werden die Unternehmen vorsichtig.“

Oder in der Hauptversammlung von Aktiengesellschaften die Stimme erheben, Kritik üben, bis hin zur Bildung von Aktionärsgemeinschaften, um dem Vorstand die Entlastung zu verweigern. Auch mit Anleihe-Emittenten in Dialog zu treten ist möglich. Schließlich kann man durch öffentliche Diskussion politischen Druck auf die Öffentliche Hand aufbauen.

Wie also investieren? Kann man auf Nummer sicher gehen? Nein, die Grenzen verschwimmen zwischen Risiko, Rendite und Ethik. Markus Schlagnitweit: „Es gibt kein Entweder-Oder, man muss eine Güterabwägung treffen. Und es ist keine Schande, einen Irrtum einzugestehen und den dann zu korrigieren.“

ESG-Scorecard von Oikocredit

Bereits vor der Einführung des ESG-Ratings für Aktiengesellschaften hat Oikocredit eine ESG-Scorecard entwickelt, mit der Mikrofinanzinstitutionen nach ökologischen, sozialen und unternehmensethischen Kriterien bewertet werden, um sicherzustellen, dass die Partnerorganisationen die gleichen ethischen Standards einhalten wie Oikocredit. Darüber hinaus überprüft Oikocredit jährlich die ökologische, soziale und ethische Wirkung ihrer Partner anhand von Indikatoren, die sich an den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) orientieren und im Wirkungsbericht nachzulesen sind.

Um Produkte anzupassen und besser auf mögliche Risiken durch veränderte Lebensbedingungen wie Krisen, Klimawandel und andere Faktoren reagieren zu können, hat Oikocredit seit 2020 auch die Befragung von Endkund*innen zur Selbsteinschätzung entwickelt, die bis Ende 2023 auf 30 Partner ausgeweitet werden soll. Die Ergebnisse werden den Partnern zur Verfügung gestellt, damit sie ihre Produkte anpassen und den Endkund*innen ein rundum gutes und passendes Produkt anbieten können, von dem sowohl die Mikrofinanzinstitutionen als auch die Endkund*innen bestmöglich profitieren.

Wollen Sie mehr über finanzielle Inklusion erfahren und verstehen, wie Mikrofinanz Menschen und Gemeinschaften stärken kann?

Dann melden Sie sich gleich für unsere Online-Veranstaltung „Oikocredit Live: Wie finanzielle Inklusion funktioniert“ am 23. November, von 19-20:15 Uhr an. Alle Details zur Veranstaltung, sowie die Möglichkeit zur Anmeldung, finden Sie hier.

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