Wie Impact Investing Frauen stärkt

Wie Impact Investing Frauen stärkt

Adama Bah by GENEVIÈVE CHASSÉ portraits.jpg06. Oktober 2023

Anlässlich der Veröffentlichung des Oikocredit-Wirkungsberichts 2023 gibt Adama Bah, Social Performance Analyst bei Oikocredit, Einblicke in die Führungsrolle von Frauen und die Geschlechtervielfalt bei wirkungsorientierten Investitionen.

Unser neuester Wirkungsbericht unterstreicht, warum die Stärkung der Rolle der Frau im Mittelpunkt unseres Engagements steht. Die finanzielle Inklusion von Frauen ist ein wichtiger Schwerpunkt von Oikocredit und entspricht unserer Vision einer globalen, gerechten Gesellschaft, in der die Ressourcen nachhaltig verteilt werden und alle Menschen die Wahlmöglichkeiten haben, die sie für ein Leben in Würde brauchen.

Adama Bah arbeitet seit drei Jahren bei Oikocredit. Ihr Fachwissen im Bereich der sozialen Entwicklung ermöglicht uns einen besseren Einblick in aktuelle Projekte aus der Datenperspektive.

In diesem Interview beleuchtet sie die Arbeit von Oikocredit zur Förderung der Geschlechtergleichstellung in benachteiligten Gemeinschaften.

Was bedeutet die Arbeit von Oikocredit für Inklusion und Vielfalt für Sie persönlich?

Die Förderung von Vielfalt und Inklusion ist für mich wichtig und selbstverständlich. Ich glaube, dass die Gesellschaft als Ganzes davon profitieren würde, wenn Frauen und Menschen, die in irgendeiner Weise benachteiligt sind, ihre Möglichkeiten entfalten und ihre eigenen Entscheidungen im Leben treffen könnten.

Deshalb bin ich froh, bei Oikocredit zu arbeiten – denn der Gedanke der Chancengleichheit für alle ist seit fast fünfzig Jahren in ihrem Auftrag und ihrer Vision einer fairen und gerechten Gesellschaft verankert. Seit ich bei Oikocredit bin, habe ich festgestellt, dass die Förderung der Geschlechtervielfalt und die Stärkung der Rolle der Frauen in unserer DNA liegt und bis heute zu vielen Initiativen geführt hat.

Nehmen wir ein Beispiel: Oikocredit hat 2010 eine ESG-Scorecard (Environmental, Social, Governance) entwickelt, um die Bewertung der sozialen Leistungsfähigkeit unserer Partner in den verschiedenen Teams, Regionen und Ländern, in denen wir arbeiten, zu rationalisieren und zu harmonisieren. Der erste ESG-Score berücksichtigte bereits Elemente der Geschlechtervielfalt und der Vertretung von Frauen auf allen Ebenen der Organisationen, mit denen wir zusammenarbeiten. Für mich ist es sehr wichtig, dass der Fokus auf den Genderaspekt soweit zurückreicht und vor allem in unseren Prozessen verankert ist.

Gibt es ein aktuelles Projekt im Zusammenhang mit der Stärkung der Rolle der Frau und der Inklusion, das Sie besonders beeindruckt hat?

In diesem Jahr habe ich mehrere Interviews und Fallstudien mit Partnern über ihren Weg zu mehr Geschlechtervielfalt durchgeführt. Der erste Schritt bestand darin, die Daten zu sichten und mich mit Kolleg*innen aus unseren Regionalbüros auszutauschen, um Partnerunternehmen zu identifizieren, die die Geschlechtervielfalt in ihren Organisationen fördern. Dabei wurde mir klar, dass wir im Oikocredit-Team eine ganze Reihe von „Gender-Champions“ haben.

Insgesamt waren diese Gespräche sehr inspirierend. Alle Menschen, mit denen ich im Rahmen dieses Projekts zu tun hatte, sind sich einig, dass es sich bei Geschlechtervielfalt um eine Reise handelt und nicht um eine "Ja-oder-Nein-Situation". Es gibt immer Raum für Verbesserungen. Ein weiterer inspirierender Aspekt ist die Erkenntnis, wie unterschiedlich unsere Partnerorganisationen in Bezug auf Geografie, Größe und Alter sind und wie sie an dieses Thema herangehen.

Auf der Investitionsseite freue ich mich besonders über die jüngste Investition in die erste Sozialanleihe für Vielfalt und Inklusion in Ecuador, die von unserem langjährigen Partner Cooperativa Jardín Azuayo gemeinsam mit IDB Invest aufgelegt wurde. Es handelt sich um die weltweit erste Anleihe mit Anreizen, die an die Erreichung sozialer Ziele geknüpft sind, d. h. an die Ausweitung der Finanzierung von Kleinst-, kleinen und mittleren Unternehmen (KKMU), die von Frauen, indigenen Gemeinschaften, Migrant*innen, Menschen mit niedrigem Einkommen und/oder niedrigem Bildungsniveau geführt werden und/oder sich in deren Besitz befinden. Die Anreize umfassen einen finanziellen Bonus, wenn die Ziele erreicht werden, sowie Beratungsdienste, z. B. zur Bewertung und Verbesserung von Kreditentscheidungen gegenüber Frauen und unterrepräsentierten Gruppen.

Wie will Oikocredit die Führungsrolle von Frauen bei ihren Partnerorganisationen weiter fördern? Warum ist das wichtig?

Wir sammeln und kommunizieren weiterhin Belege dafür, dass es sich für Organisationen lohnt, die Führungsrolle von Frauen zu fördern. Mehr Frauen in Führungspositionen und mehr Frauen in der Belegschaft sind nicht nur etwas, das man "gerne hat". Eine Organisation, die mehr Frauen einbezieht, hilft, Talente anzuziehen und zu halten. Und Mitarbeiter*innen, die sich wirklich wertgeschätzt fühlen, sind zufriedener mit ihrer Arbeit, was wiederum die Produktivität steigern kann. Eine vielfältigere Belegschaft ermöglicht es, unterschiedliche Ansichten und Erfahrungen zu berücksichtigen, was zur Entwicklung von Produkten beitragen kann, die den Bedürfnissen der Kund*innen besser entsprechen. Darüber hinaus kann eine stärkere Präsenz von Frauen in Führungspositionen die finanzielle und kommerzielle Leistung von Unternehmen beeinflussen.

Wir wollen nicht nur den Geschäftsnutzen aufzeigen, sondern auch Erkenntnisse und Ansätze darüber ermitteln, was in der Praxis funktioniert und was nicht. Dadurch wollen wir unsere Partner auf ihrem eigenen Weg zu mehr Geschlechtervielfalt unterstützen.

Der neue Wirkungsbericht zeigt, dass Energiearmut eine starke geschlechtsspezifische Dimension hat. Können Sie das näher erläutern und uns sagen, was Oikocredit in diesem Bereich tut?

In Ermangelung anderer Energiequellen wird vor allem in Afrika Biomasse wie Holz und Holzkohle für die Beleuchtung oder zum Kochen verwendet. Frauen und Mädchen sind in der Regel damit beauftragt, Feuerholz zu sammeln. Diese Aufgabe ist zeit- und energieaufwändig und hält sie von anderen Tätigkeiten ab. Darüber hinaus wirkt sich die Verwendung umweltschädlicher Kochbrennstoffe negativ auf die Gesundheit von Frauen und Mädchen aus, da sie den Rauch von offenen Feuern und traditionellen Herden einatmen.

Die Entlastung der Haushaltsbudgets durch den Zugang zu erschwinglicher sauberer Energie kann dazu beitragen, einige der Herausforderungen zu bewältigen, mit denen Frauen und Mädchen konfrontiert sind. Der Zugang zu sauberem Kochen hilft Frauen und Mädchen, negative gesundheitliche Auswirkungen zu vermeiden und mehr Kontrolle über ihre Zeit zu erlangen. Mit dieser gewonnenen Zeit können sie sich anderen produktiven Tätigkeiten oder Freizeitaktivitäten widmen.

Gleichzeitig wäre es sinnvoll, weitere Forschungsarbeiten durchzuführen, um zu verstehen, wie die Wirkung der erneuerbaren Energien weiter gesteigert und wie Frauen und Mädchen weiter gestärkt werden können. So würde beispielsweise eine stärkere Vertretung von Frauen in den Führungsetagen von Organisationen in diesem Sektor höchstwahrscheinlich auch nützliche Vorteile für deren Kund*innen bringen.

Der neue Wirkungsbericht konzentriert sich auch auf die Landwirtschaft. Was sind die Herausforderungen bei der Stärkung der Rolle der Frauen in der Landwirtschaft?

In der Landwirtschaft sind Frauen gleichberechtigte Akteurinnen und leisten genauso viel oder sogar mehr als Männer. Leider wird ein großer Teil dieser Arbeit nicht wahrgenommen oder unterbewertet.

Eine Herausforderung besteht darin, den Beitrag der Frauen besser sichtbar zu machen und zu würdigen. Ein Teil des Problems ist, dass Frauen häufig nicht Eigentümerinnen des Bodens sind. Die Mitgliedschaft in einer Genossenschaft ist manchmal an die Person gebunden, die Eigentümer*in des Grundstücks ist. Doch die Arbeit auf dem Land ist häufig eine Tätigkeit, an der viele Mitglieder des Haushalts beteiligt sind – darunter auch Frauen. In dieser Hinsicht ist es wichtig, mit Partnerorganisationen zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass die Vorteile einer Genossenschaftsmitgliedschaft, wie der Zugang zu Schulungen und Betriebsmitteln, auch auf die Familienmitglieder des Landbesitzers / der Landebesitzerin ausgedehnt werden können. Die Familienmitglieder tragen oftmals ebenfalls zur Pflege des Landes und letztlich zur Produktion bei, die an die Genossenschaft und, wenn möglich, sogar an die weitere Gemeinschaft verkauft wird.

In einigen Wertschöpfungsketten, wie z. B. der Cashewnuss-Wertschöpfungskette, ist der Beitrag der Frauen sehr sichtbar. Die Côte d'Ivoire ist beispielsweise der weltweit größte Erzeuger und Exporteur von Cashewnüssen. In diesem Sektor sind Frauen die Hauptakteurinnen in der gesamten Wertschöpfungskette – von der Produktion bis hin zur Ernte und Verarbeitung der Nüsse. Einige unserer Partnerorganisationen in diesem Sektor haben konkrete Schritte unternommen, um die Präsenz von Frauen auf allen Ebenen der Organisation zu stärken. Eine umfassendere Untersuchung würde uns helfen, besser zu verstehen, wie sie profitieren, mit welchen Herausforderungen sie konfrontiert sind und wie sie im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen in derselben Wertschöpfungskette abschneiden. Eine solche Vertiefung würde auch dazu beitragen, herauszufinden, wie Oikocredit ihre Partner bei der Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und der Verbesserung der sozialen Wirkung unterstützen kann. Um die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern zu bekämpfen und landwirtschaftliche Wertschöpfungsketten inklusiver zu gestalten, müssen wir mehr Forschung betreiben, um die größten Herausforderungen für Frauen zu ermitteln und konkrete Maßnahmen zur weiteren Stärkung der Frauen in Zusammenarbeit mit unseren Partnerorganisationen zu finden.

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