Auf soziale Wirkung setzen und Balance halten: Interview mit Gwen van Berne 

Auf soziale Wirkung setzen und Balance halten: Interview mit Gwen van Berne 

220412_OIKOCREDIT_1511_Gwen-van-Berne 1080x1080.jpg30. November 2022

Gwen van Berne arbeitet seit Mai 2022 als Direktorin für Finanzen und Risikomanagement bei Oikocredit. In diesem Interview teilt sie persönliche Erfahrungen, erzählt über ihre neue Aufgabe und den neuesten Quartalsbericht der Genossenschaft. 

Sie sind jetzt seit etwa fünf Monaten bei Oikocredit. Was sind Ihre ersten Eindrücke? 

Meine Arbeit und die Menschen und Teams, mit denen ich zusammenarbeite, machen mir wirklich Spaß. Es ist eine wunderbare Kombination, von unterschiedlichen Menschen umgeben zu sein und einer wichtigen Aufgabe zu dienen. Deshalb bin ich froh und dankbar, hier zu sein. Die vielen verschiedenen Hintergründe bereichern unsere Unternehmenskultur und unsere Mitarbeiter*innen bringen eine Vielfalt an unterschiedlichen Erfahrungen mit sich. Ich habe auch erkannt, dass es bei Oikocredit viele verschiedene Verwaltungsebenen gibt, was es für alle schwierig machen kann, sich abzustimmen und zu vernetzen. Doch sobald wir dies tun, ist unsere Zusammenarbeit wirkungsvoll. 

Was hat Sie dazu bewogen für Oikocredit zu arbeiten? 

Menschen durch Finanzdienstleistungen zu unterstützen ist mir ein großes Anliegen. Ich arbeite zwar schon lange im Finanzdienstleistungsbereich, aber ich wollte mit meiner Arbeit mehr bewirken. Oikocredit ist also die perfekte Mischung aus einer sinnstiftenden Aufgabe, Leidenschaft und meinem Fachwissen. Ich denke, es ist wichtig, dass wir alle Verantwortung übernehmen, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Dabei ist Oikocredit auf dem besten Weg. Ich habe auch schon mit Mitgliedern zusammengearbeitet und schätze ihr Engagement und ihre Überzeugung sehr. 

Was haben Sie bis jetzt gelernt? Hat Sie etwas ermutigt oder inspiriert? 

Ich finde es toll, dass ich mehr über Afrika lerne. Ich habe schon in vielen verschiedenen Regionen gearbeitet, aber Afrika ist neu für mich - es ist eine so vielfältige und wichtige Region. Afrika ist nicht nur für unsere Arbeit von Bedeutung, sondern verfügt auch über eine Vielzahl von Ressourcen, und wird daher immer wichtiger. 

Etwas, das mich ermutigt hat: Ich schätze Vielfalt in jeder Form und setze mich leidenschaftlich für die Förderung neuer Führungskräfte und die Stärkung von Frauen ein. Das ist etwas, was Oikocredit wirklich repräsentiert und sehr gut macht. Da wir in einer Welt leben, in der noch keine Geschlechtergerechtigkeit herrscht, ist es wichtig Frauen in Führungspositionen zu fördern. Deshalb bin ich bin dankbar, dass Oikocredit eine ausgewogene Zusammensetzung von Führungskräften hat. Tatsächlich ist es sogar das erste Mal in meiner gesamten beruflichen Laufbahn, dass ich mit Mirjam t’Lam eine Frau als Geschäftsführerin habe, und das finde ich sehr inspirierend. 

Was sind einige der Herausforderungen, die Sie bei Oikocredit bisher bewältigt haben? 

Wie ich bereits sagte, ist Oikocredit eine vielfältige, globale Genossenschaft mit vielen Ebenen, was ein großer Vorteil ist. Gleichzeitig kann es für komplexe Organisationen eine Herausforderung sein, ein gemeinsames Verständnis ihrer Arbeitsweise zu entwickeln und das große Ganze gemeinsam zu betrachten. Wir haben zwar eine Fülle von Richtlinien und Arbeitsprozessen, aber manchmal fehlt es uns an klaren Normen in der gesamten Genossenschaft. Die Mitarbeiter*innen bei Oikocredit sind fleißig und engagiert. Sie wissen um die Wirkung und die Bedeutung ihrer Arbeit, aber sie nehmen sich nicht immer genug Zeit, um aus ihrer Rolle oder Abteilung herauszutreten, damit wir uns vernetzen und unsere Prioritäten gemeinsam festlegen können. Derzeit sehe ich viele gute Initiativen, um dies zu harmonisieren, und ich bin mir sicher, dass wir in diesem Bereich weitere Veränderungen erleben werden. 

Eine weitere positive Herausforderung ist, dass die Arbeit für eine soziale Impact Investorin, wie Oikocredit, eine sehr präzise Aufgabe ist. Wir können kein Geld verlieren, denn wir brauchen es, um unseren Auftrag zu erfüllen, unsere Partner zu unterstützen und eine faire Rendite für unsere Investor*innen zu erwirtschaften. Bei unserer Arbeit geht es aber um soziale Wirkung und nicht um Gewinn. Jeder Geschäftsabschluss muss eine Wirkung haben, jedoch muss die Gewinnspanne angemessen sein, sonst wird die Nachhaltigkeit unserer Arbeit beeinträchtigt. Es ist also sehr wichtig, in jedem Bereich das richtige Gleichgewicht zu halten, und ich finde das eine wirklich gute Herausforderung und einen wertvollen Aspekt der Organisation.   

Oikocredit hat gerade die Zahlen und Fakten für das dritte Quartal 2022 veröffentlicht. Können Sie etwas dazu sagen? 

Leider ist das derzeitige Umfeld immer noch sehr volatil. Hohe Inflation, steigende Zinssätze, der Ukraine-Konflikt, die Covid-19-Krise und damit einhergehende Lockdowns in Asien haben maßgeblich dazu beigetragen. Trotz dieses Umfelds laufen unsere Geschäfte gut und wir können verbesserte Ergebnisse vorweisen. Nach dem Verkauf des Anleihenportfolios hatten wir zunächst einen Nettoverlust von 9,1 Mio. Euro zu verzeichnen, den wir aber in den letzten Monaten ausgleichen konnten. Der Verlust liegt jetzt bei 5,2 Mio. Euro und wir haben einen positiven Ausblick für den Rest des Jahres. Das zugrunde liegende Kreditportfolio ist stabil und entwickelt sich gut. Unser Entwicklungsfinanzierungsportfolio ist gewachsen, hat sich qualitativ verbessert und einen Anstieg der Nettoerträge bewirkt. 

Was bedeuten unsere Ergebnisse für die Genossenschaft? 

Es bedeutet, dass unsere Arbeit immer mehr an Bedeutung gewinnt und wir daher weiterhin unser Bestes tun müssen, um unsere Partner zu unterstützen. Wir müssen unser Geld und unsere Ressourcen dort einsetzen, wo wir eine große Wirkung erzielen und wo wir innovative Maßnahmen ergreifen können, aber wir müssen auch in einer wirtschaftlich stabilen Lage bleiben, um unsere Arbeit fortsetzen zu können. Das ist die Balance, von der ich gesprochen habe, und ich bin zuversichtlich, dass wir es auch weiterhin schaffen können - so wie wir es seit fast 50 Jahren getan haben. Wir werden auch weiterhin auf die Stärkung und den Aufbau von Resilienz setzen - für Oikocredit und für unsere Partner. 

Wo sehen Sie die Zukunft von Oikocredit? 

Wenn wir so weitermachen wie bisher, sehe ich uns noch widerstandsfähiger, wirkungsvoller und innovativer werden. Ich bin gespannt auf unsere neue Strategie und die Bereiche, in denen wir uns verbessern und wachsen können. Ich sehe eine Zukunft, in der unsere Arbeit an Relevanz gewinnen wird, in der unsere Prozesse modernisiert werden und in der wir eine größere Gruppe von Investor*innen ansprechen können. Ich bin positiv gestimmt, was unsere Zukunft angeht, und ich bin dankbar, dass ich uns auf dem Weg dorthin zu unterstützen kann.   


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