Coronakrise: Wie wir Innovationen unserer Partnerorganisationen fördern

Coronakrise: Wie wir Innovationen unserer Partnerorganisationen fördern

response asset 1.png28. September 2021

Seit Beginn der Pandemie hat Oikocredit ihren Partnern sowie deren KundInnen und Mitgliedern geholfen, gesund zu bleiben, informiert zu sein und mit der Krise zurechtzukommen.

Auf unseren Corona-Solidaritätsfonds folgt mit „Innovation in Response to Covid-19“ ein neues Programm. Es unterstützt unsere Partnerorganisationen bei der Entwicklung von angepassten Lösungen für ihre KundInnen.

Dieser Artikel beruht auf Informationen von Andrea Domínguez, Global Capacity Building Specialist von Oikocredit.

Oikocredit hat schnell auf den Ausbruch der Coronakrise reagiert: Wir gewährten unseren Partnerorganisationen Zahlungsaufschub, und wir hielten Webinare über Liquiditätsmanagement und Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs ab. Den am stärksten Betroffenen half ein spezieller Corona-Solidaritätsfonds, der im April 2020 von der Oikocredit International Support Foundation (ISUP) eingerichtet wurde. Er unterstützte KundInnen unserer Partner im inklusiven Finanzwesen und Genossenschaftsmitglieder in Notfällen, beim Kauf von Hygieneausrüstung und bei anderen Maßnahmen, um die staatlichen Corona-Vorschriften einhalten und den Geschäftsbetrieb fortsetzen zu können.

Der Solidaritätsfonds wurde zunächst mit 25.000 Euro von ISUP gespeist, aber schon bald von Oikocredit-Mitgliedern und InvestorInnen aufgestockt. Bis Ende 2020 hatte er 70.287 Euro an 38 Organisationen aus 19 Ländern in Afrika, Asien und Lateinamerika und der Karibik ausgeschüttet.

Einführung und Umfang des neuen Programms

Zwar gingen die Anträge auf Notfallhilfen aus dem Oikocredit-Solidaritätsfonds in der zweiten Jahreshälfte 2020 zurück, doch die Pandemie hatte noch immer Auswirkungen auf unsere Partnerorganisationen und ihre KundInnen und Mitglieder. Deshalb entschied ISUP, das restliche Geld ergänzt um Eigenmittel für ein neues Schulungs- und Beratungsprogramm zur Verfügung zu stellen. Unter dem Namen „Innovation in Response to Covid-19“ („Innovation als Antwort auf Covid-19“) stellt es Mittel bereit, damit unsere Partner ihren bedürftigsten KundInnen und Mitgliedern innovative Lösungen bieten können. Diese sollen die Folgen der Pandemie abfedern und den Menschen helfen, sich auf die Welt nach Corona vorzubereiten.

Innovation in Response to Covid-19 wurde im Oktober 2020 mit einem Startkapital von 30.000 Euro von ISUP und weiteren 17.740 Euro von der Oikocredit Stiftung Deutschland (der Non-Profit-Stiftung der deutschen Oikocredit-Förderkreise) eingeführt. Wie zuvor wurde das ursprüngliche Kapital bald aufgestockt, um weitere 76.424 Euro von Mitgliedern und InvestorInnen. Dazu zählten Oikocredit Nederland (der niederländische Förderkreis) und die MRC-Holland Foundation. Zurzeit beträgt das Programmvolumen 124.164 Euro. Ein Teil davon wurde bereits ausgezahlt.

Fördermittel können in allen Regionen und für alle Sektoren beantragt werden, in denen Oikocredit aktiv ist. Ziel muss stets sein, die Folgen von Covid-19 durch Hilfen für KundInnen und Mitglieder der Partnerorganisationen abzumildern – etwa durch Maßnahmen, um die landwirtschaftlichen Lieferketten trotz Reiserestriktionen und Quarantänebestimmungen aufrechtzuerhalten.

Geförderte Projekte

Bislang wurden für acht innovative Projekte Fördermittel genehmigt. Dabei ging es um die Förderung der Digitalkompetenz und digitale Lösungen für KundInnen auf dem Land, die Diversifikation der Lebensgrundlagen, organisatorische Verbesserungen, Weiterbildung in Finanz­themen und genossenschaftlich organisierte Dorfläden. Im Folgenden beschreiben wir drei dieser Projekte.

Digitale Lösungen für ländliche KundInnen in Uganda

Ein Partner aus Uganda, Encot Microfinance, und ein früherer Partner haben digitale Anwendungen entwickelt, damit KundInnen auf dem Land auch während der Pandemie Zugang zu Finanzdienstleistungen haben. Dieses Projekt, das auch von der Responsible Inclusive Finance Facility der Social Performance Task Force unterstützt wurde, lief von Oktober 2020 bis Mai 2021. ISUP beteiligte sich mit 5.650 Euro.

Die beiden beteiligten Mikrofinanzinstitute befragten ihre KundInnen, um Lücken in den aktuellen digitalen Kreditdienstleistungen zu entdecken. Auf Basis der Umfrageergebnisse arbeiteten sie gemeinsam mit technischer Assistenz an der Weiterentwicklung des Angebots. Encot brachte daraufhin Flex Loan heraus, ein neues digitales Kreditprodukt für den Sonnenblumenanbau. Wegen der hohen Nachfrage nach den Krediten entwickelt Encot jetzt eine mobile App für Flex Loan. Beim zweiten Mikrofinanzinstitut kam die Umfrage zu dem Ergebnis, dass die Gebühren zu hoch seien und man sich höhere Mindestauszahlungen wünscht. Die frühere Partnerorganisation überarbeitete auch ihr Notfall-Kreditprodukt und digitalisierte die Aus- und Rückzahlungen der KundInnen. Beide Organisationen profitierten von der Weiterbildung ihrer MitarbeiterInnen und KundInnen, die auch in Zukunft über die Vorteile und Risiken digitaler Finanztransaktionen informiert werden.

Zusammen mit den beiden Mikrofinanzinstituten behalten wir die Ergebnisse des Projekts und insbesondere den Nutzen für KundInnen weiter im Blick.

Digitaltraining für Village Banking-KundInnen in Dörfern in Peru

Ziel dieses Projekts einer früheren Partner-Mikrofinanzinstitution in Peru ist eine bessere Digitalkompetenz ihrer KundInnen, damit sie den Anschluss nicht verlieren und ihre Unternehmen im Geschäft bleiben können. Die Partnerorganisation verfolgt bei der Vergabe ihrer Mikrokredite den Dorfbanken-Ansatz (KreditnehmerInnen unterstützen sich gegenseitig in finanziellen und unternehmerischen Belangen). Eine der ersten Herausforderungen durch Covid-19 war die Aufrechterhaltung der Kommunikation mit den KundInnen, da der staatliche Lockdown die DorfbewohnerInnen isolierte und sie keinen Zugang zu Banken mehr hatten. Das machte ihr ohnehin nicht einfaches Leben noch schwieriger. Das Projekt begann im Februar 2021 und wird voraussichtlich im September 2021 beendet. ISUP beteiligte sich mit 10.841 Euro.

Im Rahmen des Projekts schulen die MitarbeiterInnen der Mikrofinanzinstitute ihre KundInnen in Digitalkompetenz (E-Mails, soziale Netzwerke, Videokonferenzen), Covid-19-Schutzmaßnahmen für Unternehmen, Neuausrichtung von Geschäftsmodellen und Social Media Marketing. Trainingsmodule und Unterrichtsmaterialien wurden gemeinsam mit PROMUC[1] entwickelt, einer nationalen Dachorganisation von Dorfbanken, die für Geschlechtergerechtigkeit eintritt. Die Hälfte der PROMUC-Mitglieder sind Oikocredit-Partner. Bis jetzt hat die Organisation über 7.000 KundInnen in der Corona-Prävention für Unternehmen und 1.122 KundInnen in digitaler Kompetenz weitergebildet.

Genossenschaftliche Läden für Frauen und junge Erwachsene auf den Philippinen

Eine frühere Partnerorganisation auf den Philippinen, die vor allem mit Frauen zusammenarbeitet, will Frauen auf dem Land den Umgang mit den Folgen der Pandemie und den langen Lockdowns erleichtern. Die Organisation bietet Weiterbildungen in den Bereichen Finanzen und Grundlagen der Unternehmensführung an. Hinzu kommen Mikrokredite (mit der Möglichkeit eines Tilgungsaufschubs) für Frauen, die eigene Kleinstunternehmen führen wollen. Das zweijährige Projekt begann im März 2021 und ermöglicht erstmals die Gründung genossenschaftlicher Läden unter weiblicher Leitung. ISUP hat sich mit 5.000 Euro beteiligt.

Unser früherer Partner unterstützt erste Läden in ausgewählten Dörfern der Gemeinde Talavera in der Provinz Nueva Ecija. Sie werden jeweils von 20 bis 30 weiblichen Genossenschaftsmitgliedern geführt. Durch das Projekt sollen Frauen ihren Lebensstandard verbessern sowie Führungs- und Managementkompetenz erwerben können. Außerdem sollen die Menschen in den Dörfern Zugang zu erschwinglichen Gütern und Dienstleistungen haben. Die finanzielle Inklusion wird mit mobilen Apps gefördert. Ein weiteres Ziel ist die Unterstützung lokaler ProduzentInnen beim Marketing.

Jeder genossenschaftliche Laden bietet Dinge des täglichen Bedarfs an. Außerdem dient er als Abwicklungsstelle für Zahlungen an Mikroversicherungen und Versorgungsunternehmen sowie für mobile Dienstleistungen wie Überweisungen und andere Arten des Geldtransfers. Hinzu kommt die Verwaltung von Spar- und Sichteinlagen von Jugendlichen und anderen lokalen KundInnen. Darüber hinaus sind die Läden Vertriebs- und Umschlagplatz für lokale LandwirtInnen sowie Versammlungsstätte für die Gemeinschaft.

Beratungs- und Schulungstreffen in einem genossenschaftlichen Laden auf den Philippinen / Infographik

Das Projekt war für die Genossenschaftsmitglieder bislang eine große Hilfe, da es sie in den Grund­lagen des Genossenschaftswesens, der Buchhaltung und der Führung gemeinschaftlicher Läden weiterbildete. Vor Ort wurde eine Erhebung über die nachgefragten Produkte durchgeführt. Staatliche Kontaktbeschränkungen und andere Corona-Schutzmaßnahmen führten zu manchen Verzögerungen, doch dürften die ersten Geschäfte bald öffnen. Die Organisation erwägt auch, günstige Kredite zu vergeben, mit deren Rückzahlungen in weiteren Gegenden Genossenschaftsläden finanziert werden können.



[1] Consortium for Promotion of Women and the Community (Consorcio de Promoción de la Mujer y la Comunidad)

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