Wirtschaftliches Empowerment von Frauen im Globalen Süden. Unterschiedliche Startpositionen – Verschärfte Rahmenbedingungen

Wirtschaftliches Empowerment von Frauen im Globalen Süden. Unterschiedliche Startpositionen – Verschärfte Rahmenbedingungen

CPFAM-BR-09.jpg13. April 2021

Nachbericht zum Webinar anlässlich des Internationalen Frauentags 2021

Anlässlich des jährlichen Internationalen Frauentages am 8. März veranstaltete Oikocredit Austria in Zusammenarbeit mit WIDE – Entwicklungspolitisches Netzwerk für Frauenrechte und feministische Perspektiven und dem ega: frauen im zentrum das Webinar „Wirtschaftliches Empowerment von Frauen im Globalen Süden“.

Eröffnet wurde der Abend von Nicole Berger-Krotsch, Abgeordnete zum Wiener Landtag und Gemeinderat und Vorsitzende des Frauenvereins ega: frauen im zentrum. Am Podium diskutierten die entwicklungspolitischen Akteurinnen Petra Bayr, Abgeordnete zum Nationalrat und entwicklungspolitische Sprecherin der SPÖ, Andrea Hagmann, Vorstandsmitglied von Oikocredit Austria, und Andrea Kadensky, Bereichsleiterin für Internationale Projekte & Programme der Katholischen Frauenbewegung Österreich (kfb), über Geschlechtergleichstellung und ökonomisches Empowerment in Zeiten von Covid-19. Die Veranstaltung moderierte die Journalistin Tania Napravnik.

Die Diskussion wurde live via Zoom und Facebook übertragen.

Herausfordernde Zeiten

Nach einführender Präsentation ihrer Organisationen und Arbeitsschwerpunkte stellten die drei Expertinnen fest, dass durch die Corona-Krise einerseits ihre Projektarbeiten erschwerten Bedingungen ausgesetzt seien, andererseits ihre Arbeitsprozesse aber auch seit jeher in einem Digitalisierungsaufschwung eingebettet wären. Insbesondere waren sich Hagmann und Kadensky einig, dass die Corona-bedingte Digitalisierung ein enges Zusammenrücken und intensiven Kontakt mit den Projektpartnern im Globalen Süden und deren Austausch untereinander über neue digitale Tools (z.B. Zoom) beschleunigte.

Trotz dieser positiven gegenwärtigen Tendenzen verwiesen alle Expertinnen darauf, dass in der aktuellen globalen Pandemie die Ungleichheiten wie durch eine Lupe vergrößert würden und viele feministische Errungenschaften verschwänden. Dadurch vergrößert sich wieder die Armutsgefährdung von Frauen. Bayr verwies auch darauf, dass Genitalverstümmelungen bei Mädchen häufiger als vor der Covid-19-Pandemie auftreten, da Töchter zu einem „besseren“ Brautpreis wegen schwindender alternativen Einkommensmöglichkeiten verheiratet werden würden. Zudem sei der Zugang zu Verhütungsmittel verstärkt verhindert, wodurch sich mehr ungewollte Schwangerschaften abzeichneten als in Pre-Corona-Zeiten. Um diesen geschlechtsspezifischen negativen Entwicklungen zu entkommen müsste, laut Bayr, eine weltumspannende Sensibilisierung zu diesen Themen u.a. durch die neu aufkommenden digitalen Möglichkeiten vonstattengehen. Um diese Gelegenheit zu nutzen hielt Kadensky fest, dass dafür ein „solidarischen Miteinander“ zwischen den Projektpartnern im Globalen Norden und Süden benötigt werde, also „kein Sprechen über sie, sondern mit ihnen“. Durch diese Arbeit auf Augenhöhe sollten gesellschaftlich schlecht gestellte Frauen den Zugang bzw. die Kontrolle von Ressourcen erhalten, sowie Zeit und Raum bekommen, um eigene Ideen zu entwickeln und um ihre Rechte bzw. Anliegen (in etwa faire Bezahlung) einzufordern.

Finanzielle Unabhängigkeit

Hagmann ergänzte, dass, um einen guten Job zu bekommen, abseits von Bildung auch eigenständiges Kapital wichtig für Frauen wären, da „ein Bankkonto viele Optionen ermöglicht und Frauen damit selbst entscheiden können, was sie damit machen“. In diesem Zusammenhang erklärte Bayr, dass finanzielle Unabhängigkeit dann gelinge, wenn eine Frau ihr Geld selbst verdiene und damit eigenständig umgehen könne. Insofern sollten sich Frauen von ihren Männern finanziell unabhängig machen und sich auch in Gewerkschaften zusammenzuschließen, um das zu bekommen, was ihnen letztendlich zustehe (z.B. gesetzlicher Mindestlohn).

Hierbei fügte Hagmann hinzu, dass bei der Kreditvergabe Aufklärungsarbeit in Form von „Financial Literacy“ (dt. finanzielle Allgemeinbildung) wichtig sei. Es gehe in diesen Arten von Schulungen darum zu erarbeiten, was es überhaupt heiße einen Kredit aufnehmen: Zuerst bräuchten Frauen nämlich eine gut durchdachte Geschäftsidee mit einem realistischen Finanzierungsziel. Wichtig sei weiters laut Kadensky, dass bei der Kreditvergabe an Frauen darauf geachtet werde, dass diese nicht schutzlos dem Wettbewerb des freien Weltmarktes ausgesetzt seien. Darüber hinaus wäre es auch wichtig, Männer davon zu überzeugen, dass das wirtschaftliche Empowerment von Frauen Vorteile für jegliches Geschlecht mit sich bringe.

Bayr erläuterte zusammenfassend, dass für ein gelungenes Empowerment von Frauen, diese einerseits bestärkt werden müssten, sich in machtvolle Positionen zu wagen, während andererseits Männer erkennen sollten, dass Machtverluste auch angenehm seien, da sie dann nicht alles machen müssten.

Zukunftsfähige Rahmenbedingungen

Die Diskutantinnen einigten sich am Ende des hybriden Webinars darauf, dass die siebzehn Sustainable Development Goals (SDGs) wichtige Instrumente seien, um geschlechtsspezifische Diskriminierungsverhältnisse nachhaltig auszugleichen. Die SDGs wurden von den UNO-Mitgliedsstaaten 2015 beschlossen und sollen bis 2030 erreicht werden, um ein friedvolles und nachhaltiges Leben miteinander zu ermöglichen. Hagmann erklärte diesbezüglich abschließend, dass Oikocredit seinen Impact entlang dieser Zielsetzungen bemesse, insofern spiegle sich SDG 5 – Geschlechtergleichstellung bei Oikocredit wider, da der Großteil der KreditnehmerInnen der Oikocredit-Partnerorganisationen Frauen sind. In der Hoffnung, dass somit ein gutes Leben für alle ermöglicht werden könnte, wodurch jede mehr Zeit zum Lachen hätte.

Hier können Sie einen Zusammenschnitt des Webinars nachsehen:

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